
Kritik
Cosi fan tutte – Wolfgang Amadeus Mozart
Mozarts heitere, erotische und hintersinnige Komödie über Liebe, Eifersucht und Untreue fand nach mehr als zwanzig Jahren wieder den Weg auf die Hagener Bühne.
Das zeitlose Spiel war nun in der Jetztzeit angelangt. Hübsche, farbenfrohe Kostüme, wie man sie in jedem Strandcafe oder auf einer Cocktailparty zu sehen bekommt, gerieten kleidsam und elegant. Auf der Drehbühne dominierte eine gut bestückte Hausbar in einem Wohnraum mit Fernseher und großer Liege, sowie ein angedeuteter Saunabereich (Bühne und Kostüme von Sandra Linde).
Die Inszenierung war von Thomas Weber Schallauer, der das ganze Quiproquo aktionsreich und dezent in Szene setzte und noch dazu mit einem ungewöhnlichen, aber durchaus plausiblen Schluss aufwartete. Nach Alfonsos Wette, nach der Treue auf dem Prüfstand, Partnertausch und Versöhnung war nichts mehr wie es vorher war. Die Paare fanden nicht wieder zueinander und blieben verstört und orientierungslos zurück. Man entfremdete sich. Ein guter Einfall des Regisseurs, der Eindruck machte.
Sehr eindrucksvoll geriet auch die musikalische Komponente. Der Dirigent Bernhard Steiner legte ein flottes Tempo vor, was aber nicht zu einem Geschwindmarsch wurde. Einfühlsam begleitete er die Sänger bei den Arien und war dort immer bereit, ihnen die Zeit zu geben, die sie brauchten, um sich vokal zu entfalten und dem musikalischen Fluss der Komposition gerecht zu werden.
In hoher spielerischer Laune zeigte sich das Philharmonische Orchester. Der Klang war gut und viele Soli, insbesondere bei den Holzbläsern, erfreuten das Ohr. Das Blech hatte größtenteils gute Momente.
Sehr erfreulich, mit wenigen Einschränkungen, war die Leistung der durchwegs jungen Sänger Equipe. Stefania Dovhan sang eine temperamentvolle, wenig zu Schwermut neigende Fiordiligi. Mit dramatischer Attacke ließ sie die Felsen Arie abspulen, fast ein wenig zu furios. Mit großer Innigkeit und gut durchgehaltener Mezzavoce gestaltete sie die große Arie im 2. Akt.
Ganz ausgezeichnet, vom Klang her, passte ihre Stimme zu ihrer munteren “Schwester” Dorabella, die Larissa Christine Funkhauser mit sattem Mezzoklang und agilem Spiel ausstattete.
Mit schönem, in allen Registern ausgewogenen Bariton sang Raymond Ayers den Guglielmo, wirkte aber im Spiel ein wenig steif. Kein ausgemachter Mozartsänger ist der sympathische Jeffery Krueger. Doch man war angenehm überrascht, wie er, trotz gelegentlichem Schwächeln in der Höhe, mit Noblesse und Spielfreude den Ferrando gestaltete.
Marilyn Bennett war die Despina. Sie hatte viele Kostümwechsel. War sie im 1. Akt eine fetzig gekleidete Haushaltshilfe, so stellte sie im 2. Akt eine Salonschlange im Abendkleid dar und war zwischendurch noch als Arzt und Advokat kostümiert. Sie machte das ganz wunderbar und sang ihre beiden Arien souverän.
Hagens baumlanger Bass Orlando Mason wirkte als Alfonso seltsam unbeteiligt. Als Drahtzieher, der alles raffiniert einfädelt, wirkte er wenig glaubhaft, zumal auch die vokale Präsenz nicht optimal war. Starker Beifall nach der Vorstellung für alle Beteiligten. IOCO / UGK / 16.10.2010
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