
Salome – Richard Strauss – Schlussgesang
Video – von / mit Elena Fink
Besprechung von Karin Hasenstein
“Ah! Du wolltest mich nicht deinen Mund küssen lassen, Jochanaan! Wohl, ich werde ihn jetzt küssen!”
Die Spielzeit 2020/21 war für alle darstellenden Künstlerinnen und Künstler zweifellos außergewöhnlich schwer – im Zeichen der Corona-Pandemie. Mit Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 fielen für fast alle Kulturschaffenden sämtliche Live-Auftritte weg. Um nicht völlig ohne Beschäftigung zu sein und Aufgaben zu finden, die über das reine Rollenstudium hinausgehen, fanden viele Künstler andere kreative Wege. So wurden viele CDs aufgenommen, Online-Projekte gestartet oder, wie von Elena Fink, ein Musik-Video für YouTube produziert.
Die folgende gut 12 Minuten dauernde Videoproduktion gibt den Schlussgesang der Salome aus der gleichnamigen Oper von Richard Strauss wieder. In diesen 12 Minuten Musik kulminiert die ganze Spannung der Oper, die sich bis hierher musikalisch und szenisch aufgebaut hat. Nur den Schlussgesang zu zeigen erfordert vom Zuschauer, sich die vorangegangen ca. 90 Minuten in Erinnerung zu rufen.
Das Video beginnt also direkt mit den Worten “Ah! Du wolltest mich nicht deinen Mund küssen lassen!” Salome erscheint in einem roten rückenfreien Kleid, Foto oben, in Bühnennebel gehüllt. Die Farbe Rot ist auch im weiteren Verlauf beherrschend.
Je nach Stimmung, die erzeugt werden soll, bzw. den Text unterstreichend, trägt die Darstellerin ein rotes Kleid mit tiefem Rückenausschnitt, Foto oben, ein schwarzes Kleid aus Spitzenstoff, ein schlichtes weißes, an ein Nachtgewand erinnerndes oder ein lilafarbenes transparentes mit viel Tüll.
Die Requisiten sind einfach, aber wirkungsvoll. Zentrales Element ist natürlich der abgeschlagene Kopf des Propheten Jochanaan auf einer Silberschüssel. In manchen Szenen liegt er von einem transparenten Tuch bedeckt da, in anderen nimmt Salome ihn an sich, spricht mit ihm oder tanzt mit ihm. Fast immer präsent ist auch das Tuch, der Schleier, der den Kopf verhüllt oder freigibt.
Elena Fink als Salome
youtube Trailer Elena Fink
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Es wird viel mit Überblendungen gearbeitet. Elena Fink wird singend gezeigt oder in der Überblendung in einem anderen Kleid in einer Spielszene. Immer wieder sehen wir einen Säbel herab fahren und den abgetrennten Kopf auf der Silberschüssel, mal mit dem Schleier bedeckt, mal offen.
In der Eröffnung sehen wir silberne Kerzenleuchter mit roten Kerzen und üppig dargebotene Früchte. Dazwischen mischen sich Bauchtanzszenen, immer wieder überblendet mit den Kerzenleuchtern und den Früchten.
Salome beschreibt ihre Gefühle und drückt ihren Trotz aus, Jochanaan ist in ihren Augen selber schuld an seinem Tod, denn hätte er sie seinen Mund küssen lassen, könnte er noch leben. Sie preist seinen Leib und seine Schönheit, während sie seinen abgetrennten Kopf zärtlich betrachtet. Immer wieder fällt der blutige Säbel, das weiße Kleid ist mit Blut bespritzt, Salome schmiert sich das Blut ins Gesicht und ins Haar, Foto unten.
Dann sehen wir wieder Szenen, in denen sie sich genussvoll und wollüstig die Früchte in den Mund stopft. Sie trinkt roten Wein aus einem Kelch, der dabei überläuft, Unschuld, Erotik, Lust, Wahnsinn werden spürbar.
All diese Elemente wiederholen und steigern sich im Verlauf des Videos. Die Farben Weiß, Schwarz, Rot und Lila wechseln sich ab, die Kerzen, Früchte, der Säbel, Schleier und Kopf des Propheten erscheinen und verschwinden wieder.
Zum Schluss zieht Salome noch einmal den Schleier von Jochanaans Kopf, singt die letzten Worte “Und das Geheimnis der Liebe ist größer als das Geheimnis des Todes…” Sie dreht sich um, jetzt im roten Kleid, und verschwindet im Nebel.

Elena Fink ist ein jugendlich-dramatischer Sopran / Koloratursopran. Ihr Repertoire umfasst über 65 Partien. Für ihre Interpretation der Proserpina in Wolfgang Rihms gleichnamiger Oper wurde sie zur Opernsängerin des Jahres 2010 nominiert. Sie trat an Häusern wie der Semperoper Dresden, der Tonhalle Zürich, dem Gärtnerplatztheater München, der Staatsoper Hamburg, der Komischen Oper Berlin und vielen anderen auf. Daneben ist Elena Fink eine gefragte Konzertsängerin.
Den Schlussgesang der Salome gestaltet Elena Fink mit ihrem jugendlich-dramatischen Sopran gekonnt und ausdrucksvoll. Die Stimme ist klar und leicht metallisch und verfügt insbesondere in der Mittellage über ein volles warmes Timbre. Auch in der tieferen Lage verfügt sie über Substanz. Sie verleiht der Figur der Salome damit eine gute Mischung aus Erotik und Wahnsinn, die so von Strauss in der Musik und im Libretto angelegt ist. Die Spitzentöne sind voll und glasklar und von großer Strahlkraft.
Man würde sich wünschen, von dieser Salome nicht nur den Schlussgesang zu hören, sondern eine komplette Interpretation der Rolle. Elena Fink ist in dieser Spielzeit am Theater Stralsund in der Rolle der Anita in Jonny spielt auf von Ernst Krenek zu erleben.
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– Salome – Elena Fink
– Piano und Korrepetition – Tobias Deutschmann
– Maske – Rosie Böhmelmann
– Requisite und Spezialeffekte – Jennifer Günther
– Licht, Kamera und Schnitt – Karl-Heinz Krauskopf, Manfred Dahlhaus
– Ton und Schnitt – Manfred Dahlhaus
– Idee und Produktion – Elena Fink
Mit freundlicher Unterstützung des Kostümfundus der Deutschen Oper am Rhein und des Anhaltinischen Theaters Dessau
Mit freundlicher Genehmigung für die Verwendung des Jochanaan-Kopfes: Thomas Gazheli
Aufgenommen im Konzertsaal der Musikschule Haan
Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von Neustart Kultur
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