Wien, Theater an der Wien, Agrippina von Georg Friedrich Händel, IOCO Kritik, 26.07.2009


Kritik

Theater an der Wien

Theater an der Wien © IOCO
Theater an der Wien © IOCO

Agrippina von Georg Friedrich Händel  

“Es lebe der liebe Sachse” …..

Georg Friedrich Händel hat über 40 Opern und 25 Oratorien geschrieben. Seine im Dezember 1709 in Venedig im Teatro San Giovanni Grisostomo erstmals aufgeführte Oper Agrippina, fällt in seine `italienischen Jahre´ von 1706 bis 1710. Auftraggeber dieser Oper war Kardinal Vincenco Grimani (1655-1710),  auch Vizekönig von Neapel und – unter den Habsburgern – kaiserlicher Botschafter beim Vatikan. Dieser bedeutende Auftraggeber Grimani verfasste auch das Libretto zu Agrippina höchst persönlich und versuchte in dem Sujet auch Anspielungen auf Papst Clement XI. wie Thronwirren des spanischen Erbfolgekrieges. Um seine bedeutenden Protagonisten zu gefallen griff Händel in Agrippina auf zahlreiche Sätze aus seinen früheren Werken zurück. Die Premiere von Agrippina war höchst erfolgreich und machte Händel über Nacht in ganz Europa bekannt. Das Premierenpublikum feierte Händel mit “Viva il caro Sassone” (“es lebe der liebe Sachse”). Agrippina sollte zu  einer der großartigsten Barockopern werden.

Grabmal Georg Friedrich Haendel in London © IOCO
Grabmal Georg Friedrich Haendel in London © IOCO

So wurde es auch in Theater an der Wien wieder höchste Zeit für eine von Händels schönsten Opern. Dass Agrippina nur konzertant, nicht szenisch, aufgeführt wurde erscheint zunächst als Mangel. Der nicht endende Applaus im fast ausverkauften Theater an der Wien belegt wiederum, dass Agrippina auch in konzertanter Darstellung viele Anhänger hat. Auch wenn eine gute szenische Wiedergabe der Oper sehr begrüßt werden würde. Die Handlung, das spannende Libretto ist im Programmheft dankenswerterweise vollständig wiedergegeben: Agrippina will ihren Sohn Nero unbedingt als Nachfolger Claudius auf dem Kaiserthron. Dazu intrigiert sie, betrügt, verrät nach Bedarf  abwechselnd Freunde, Liebhaber wie ihre Feinde.

Die gute Resonanz dieser Oper beim Wiener Publikum war auf eine sehr gelungene Darbietung des kleinen aber erfahrenen Barock – Ensembles “Il Complesso Barocco” unter der Leitung von Alan Curtis zurück zu führen. Curtis dirigierte und spielte zugleich am Cembalo. Das kleine Barockorchester ist mit seiner begrenzten Klangfülle in einer großen Oper im großen Theater an der Wien zwar eingeschränkt, gleicht diesen Mangel jedoch durch Klangfarbe und historische Instrumente weitgehend wieder aus.

Barockopern und Händel im besonderen zu singen und darzustellen, ist eine eigene Kunst. Klara Ek als Sexappeal vermittelnde Poppea und dominanter Iestyn Davies als Countertenor Ottone begeisterten während der ganzen, langen Oper durch Stimmschönheit und Sicherheit in der Darstellung. Klara Ek verleiht zusätzlich der   genussüchtigen,  sich zur berechnenden Schlange entwickelnden Poppea mit ihrem geschmeidigen  Sopran eigenen Charakter. Ihre Gestik und die breiten Register ihrer großen Stimme setzt Alexandrina Pendatchanska als Agrippina perfekt ein. Ihre Koloraturen sind schön und satt,  speziell in tieferen Lagen. Die Mezzosopranistin Tuva Semmingsen bietet einen stimmlich sauberen Nerone, in der Gestik vielleicht etwas abwesend. Antonio Giovannini als Narciso, Countertenor Raffaele Costantini als Pallante und Matteo Ferrara als Lesbo bestehen in ihren Partien, ohne aufzufallen.

Langer und lauter Beifall beendete diesen schönen Opernabend. Vielleicht auch, weil viele Besucher bedauerten, daß Agrippina, dieses Juwel der Barockmusik,  vorerst nicht mehr am Theater an der Wien zu hören sein wird.  Schade.  Mit Monteverdi, Vivaldi und anderen Händel Stücken  im laufenden Programm  bietet das Theater an der Wien jedoch vielleicht schon bald  wieder ähnlich packendes.  IOCO / AT / 26.07.2009

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