Wien, Volksoper Wien, Die lustigen Nibelungen – Oscar Straus, IOCO Kritik, 20.01.2009


Kritik

Volksoper Wien

Volksoper Wien © IOCO
Volksoper Wien © IOCO

Die lustigen Nibelungen  –  Oscar Straus

 Satire über vergangene und bestehende primär männliche  Atavismen

Oscar  Straus  (1870 – 1954) komponierte  seine  burleske Operette  Die  lustigen Nibelungen  1904,  zu  Zeiten  seiner  berühmteren  Namensverwandten  Richard  und  Johann  Strauß. Die  Familien  Strauss  und   Strauß  waren  wenngleich  im  Genre  vereint,  nicht verschwistert,  nicht verwandt.  Vater Straus  kam von Mannheim nach Wien,  heiratete  dort; am 6. März  1870  wurde Oscar  geboren.

Zunächst betrieb Oscar Straus sein Musikstudium  in  Wien, um  mit 20 Jahren zu Max Bruch nach Berlin zu gehen. Er  fügte sich scheinbar uneingeschränkt  dem strengen Drill  Bruchs: Komponierte Kammermusik, ein Requiem und symphonische Werke.  Insgeheim  jedoch  komponierte er seine  Lustigen Nibelungen.

Bruch war empört als er dies  erfuhr,  feuerte Oscar Straus mit  Drohungen,  niemals die `musikalischen Ungeheuerlichkeiten´  seiner `elenden Namensvetter´ zu begehen. So  schlug sich Oscar an verschiedenen Bühnen durch, war Gustav Mahlers Korrepetitor, dirigierte Tannhäuser  und  lernte in Berlin  Fritz Oliven  kennen,  welcher unter dem Pseudonym Rideamus  satirische  Schriften  verfasste,  und  – von Oscar bedrängt –  den  Text  zu  den `Lustigen Nibelungen´ schrieb.  Oliven,  ein  begeisteter  Anhänger  Jaques  Offenbachs  übertrug  darin  dessen Grundsätze  homerischer Parodie in die Welt der Nibelungen. Oscar Jahre hatte zuvor auch seinen Namensvetter Johann Strauss kennengelernt.  Dessen Rat:  “Vergessen Sie alle Träume der großen Musik,  gehen Sie in die Provinz.”

Oscar, in seinem sehr bewegten, ereignisreichen Leben,  hält sich zunächst  an diesen Rat.  Komponiert viele Operetten, Tanzspiele.  Später jedoch:  Flüchtet vor den Nazis über Frankreich nach Amerika,  dort  Filmkomponist, dirigiert  viel.  Sein Sohn Leo wird 1944  in Ausschwitz ermordet.  1954  stirbt Oscar Strauss  in  Ischgl.

Nun zu  Straus´  Operette:  Die Regie, für  den ehemaligen Burgschauspieler und  jetzigem  Volksoper Intendaten Robert Meyer  ein  gefundes  Fressen.  Er  schwelgt in Burleske,  Witz  und  Gassenhauern.  Er  deutet  nicht an,  er  protzt  Satire:  Bühnenbild,  Dekoration,  Prospekt,  Schauspielerei,  Gesang:  Nichts  für  ernste,  nachdenkliche  Gemüter,  alles  für  einen  heiteren,  unkomplizierten   Abendausklang.

Die Figur Gunthers  als  Anspielung  auf  Kaiser  Wilhelm II,  andere Anspielungen auf Ludwig II,  preußische  Uniformen,  Säbelrasseln.  Zahllose  Parodien  auf  männliche  Rituale.  Sehr  plastisch,  vielleicht  etwas  platt.  Aber  gut  gemacht  und  für  eine  Operette   durchaus  angemessen.

Die  furchterregenden  DarstellerGunther, der  geliebte  König von Burgund;  Ute, seine Mama;  Dankwart, sein Papa; Kriemhild, minnige Maid; Hagen,  genannt  “der grimmige Hagen”Titzel und Tatzel,  zwei junge Drachen  und  anderes  deutsches  Sagenungetüm.

1.  Bild:  Im  Königsschloss  zu  Worms  schart sich  im  Rittersaal  die Herrscherfamilie  zum  Frühstück  um  Gunther.  Man  ist  verstört. Gunther  (Michael Kraus)  hat in hoffnungsloser  Selbstüberschätzung die männermordende Brünhilde vom Isarstrand (Birgid Steinberger)  zum Zweikampf herausgefordert. (`Ich bin durch meine Leidenschaft in schweres Leid geraten´).  Die Verwandten raten, Brünhilde ohne  Zweikampf,  auf die übliche Art  zu  lösen:  ` .von  hinten erschlagen. Hagen, das ist doch  deine Spezialität´.  Aber alles  Grübeln ist nicht  weiter erforderlich:  Der  Recke  Siegfried von Niederland,  (Robert Wörle)  auf  Kriemhild  (Renée  Schüttengruber)   erpicht,  naht.  Siegfried ist übrigens  nicht  nur  Drachentöter  sondern auch Finanzexperte.

Das  Rheingold,  welches jeder auf dem Grund des Rheines  vermutet  wird  liegt  tatsächlich  bei  der  Rheinischen Bank und bringt 6%  Zinsen  (`Das  ist das  Rheingold, ja das ist mein Gold´ ).  Kriemhild verfällt dem  dem  Paket von `Kraft und Kapital ´ sofort, heiratet Siegfried  und  Frieden zieht ein im  Wormser  Schloss.  Bis  überraschend  die inzwischen  vergessene Brünhilde vom Isarstrand mitsamt Amazonen (in weißblauen Dirndlen)  erscheint  und  ihren  Kampf  mit  Gunther  fordert.

Der  Kampf  wogt,  ein  bißchen  hin,  ein  bißchen her.  Auch,  weil der Recke  Siegfried  immer seine Tarnkappe einsetzen  muß,  um  nicht  unter zugehen .  Kriemhild  – von  Hunnenkönig  Attila  mit lukrativen  Angeboten bedrängt – will  unbedingt in den Witwenstand  eintreten.

Auch die  Familie  Gunthers  ist sich  einig:  Siegried muß wegen  seines  Vermögens  sterben.  Hagen soll den Mord  begehen,  wird  jedoch von Siegfried entwaffnet: `Ich  weiß, du hast mich ermorden wollen,  aber nicht aus Blutdurst oder Übermut, sondern wegen meines Geldes wegen:  Also aus edlen, lauteren und verständigen Motiven´. Hagen  erfährt  zudem,  daß die Nibelungenaktien dramatisch gefallen sind


Die  Inszenierung  bietet  in  Gesang und Schauspielkunst, durch  Regie  und  Bühnenbild   heiter  gelungenes  Genrestück  der  Operette. Das  grosse  Ensemble  zeigt herrliche Satire über vergangene und noch bestehende primär männliche  Atavismen.

Die  Lustigen  Nibelungen:  So inszeniert, ein  zu  Unrecht  selten  gezeigtes Stück. Kompliment  gilt  dem  Mut  und  der  Regie  von  Robert Meyer;  Beifall  verdiente die  schauspielerische Leistung  und  die  guten  Stimmen  des  Ensemble.

IOCO / Viktor Jarosch / 20.01.2009

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